1.4 Markenzentrierte Unternehmensführung

Die markenzentrierte Unternehmensführung hat ihren Ursprung im Marketing, welches ursprünglich als Mittel zum Zweck „Absatz“ verstanden wurde. In den siebziger Jahren wurde Marketing zu einer Methode, die den gesamten Wertschöpfungsprozess (Produktentwicklung, Beschaffung, Produktion, etc.) begleitet und anhand rationaler Kriterien, wie Marktattraktivität und Marktwachstum, auswählt. In den achtziger Jahren wurde das Marketing zu einer Maxime der Unternehmensführung, welche das Ziel verfolgt alle zu treffenden Entscheidungen an Verbrauchern oder Abnehmern auszurichten. Das soll das Überleben des Unternehmens in Zeiten steigender Wettbewerbsintensität sichern. Marketing wurde dadurch von einer Unternehmensfunkton unter vielen zu einer Grundhaltung, die den gesamten Leistungsprozess begleitet. Letztendlich wird Marketing zum generischen Gestaltungsprinzip, welches über die Akteure Unternehmen und Kunden hinausgeht und auch auf andere Austauschbeziehungen wie zum Beispiel die Austauschbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer miteinbezieht. (vgl. Gelbrich et al 2008, S. 2f)
(siehe Abbildung 1)

Viele Unternehmen haben ihren Namen noch nicht als Marke begriffen, welche nachdem sie sorgsam aufgebaut wurde für das Geschäft genutzt werden sollte. Wichtig ist, dass sich die Stakeholder mit dem Unternehmen identifizieren können und dazu ist es wichtig, dass eine enge und dauerhafte Beziehung zu den Menschen aufgebaut wird. Außerdem soll Orientierung für die Stakeholder geschafft werden und ein Gefühl von Sicherheit und Kalkulierbarkeit vermittelt werden. (vgl. Frigge/Houben 2002) In Zeiten in welchen Produkte, Technologien und viele Services austauschbarer werden müssen Unternehmen überlegen womit sie langfristig ihre Profitabilität sichern können. Die Marke spielt hierbei eine zentrale Rolle. Sie ist heute das wichtigste Instrument der Wertschöpfung. Dem sollte Rechnung getragen werden indem sie in der Unternehmensstrategie verankert wird. Dieses Erfolgsmodell wird „Markenorientierte“ oder „Markenzentrierte Unternehmensführung“ genannt. Dabei wird die Unternehmensstrategie mit der Markenausrichtung inhaltlich und funktional als ganzheitliches System organisiert. (vgl. Knewitz 2002)

Die Markenzentrierte Unternehmensführung ist ein strategisches Unternehmensführungsmodell, das Unternehmen wie eine Marke führt. Die Unternehmensaktivitäten werden dabei so gesteuert, dass alle Stakeholder eine klare Vorstellung darüber erhalten, was sie vom Unternehmen erwarten können. (Siehe Abbildung 2)

Produkte und Dienstleitungen werden nach wie vor häufig über inhaltsleere Markenwerte wie Qualität, Tradition oder Sicherheit angeboten. Der Markenexperte Karten Kilian empfiehlt die Marke/das Unternehmen selbst zu gestalten anstatt die standardisierten Inhalte des Marktes nachzuahmen. Unternehmen im B2C Bereich verstehen es bereits teilweise Kunden und Mitarbeiter durch Botschaften wie „Freude am Fahren“ (BMW) an ihrem Markenerlebnis teilhaben zu lassen. Hingegen verkaufen Unternehmen im B2B-Bereich häufig rein argumentativ und kommunizieren ausschließlich Produktvorteile. Obwohl B2Bs mehr Kundenkontaktmöglichkeiten als B2Cs haben und dadurch maßgeblich die Marke prägen. (siehe Abbildung 3) (vgl. Streif 2011)

„Eine Marke verankert sich in den Köpfen der Kunden heute vor allem durch eigene Erfahrungen im direkten Kundenkontakt sowie, über Beratung und Serviceleistungen.“ (Grubendorfer 2010) Auch Studien bestätigen, dass das Markenerlebnis des Kunden maßgeblich von der persönlichen Interaktion mit den Mitarbeitern geprägt wird. Die Umfrage „Behavioral Branding: eine Marke zum Leben erwecken“, die im Jahr 2007 im „Marketing Journal“ erschien zeigt, dass sich massenmediale Einflüsse zu 63,5 Prozent und das markenspezifische Mitarbeiterverhalten zu 31,5 Prozent auf den Markenerfolg eines Unternehmens auswirken. (vgl. Streif 2011)
Dementsprechend sollen Mitarbeiter als Markenbotschafter auftreten. Geprägt durch die Persönlichkeit und die Funktion des Mitarbeiters ist die emotionale Verbundenheit zur Unternehmensmarke unterschiedlich stark ausgeprägt. Jedoch ist eine durch Mitarbeiter gelebte Marke unerlässlicher Wertschöpfungsfaktor, da sie es ermöglicht Stakeholder an das Unternehmen zu binden und die Erreichung der Unternehmensziele unterstützt. (vgl. Grubendorfer 2010)

Führungskräfte müssen eine Markenkonforme Vorbildrolle übernehmen. Dies setzt voraus, dass ein einheitliches Markenverständnis und eine unternehmensweit abgestimmte Führungshaltung gegeben sind. Jede einzelne Entscheidung im Unternehmen sollte danach abgestimmt sein und das gewünschte Markenbild erlebbar machen. (vgl. Grubendorfer 2010)

Als höchster Repräsentant des Unternehmens versteht sich der CEO als erster Markenbotschafter. Er stellt die Ressourcen zum Aufbau und zur Pflege der Marke bereit und trägt die inhaltliche und organisatorische Verantwortung. Er muss dafür sorgen, dass Führungskräfte zu markenkonformen Vorbildern und Mitarbeiter zu Markenbotschaftern werden. (vgl. Grubendorfer 2010)

Google, Ikea, Apple und Nike sind Marken, die sowohl bei Kunden als auch bei Mitarbeitern Kultstatus besitzen. Ihre unternehmensweite Markenkultur prägt das Denken und Handeln des gesamten Teams. Dadurch identifizieren sich die Mitarbeiter mit ihrer Marke und tragen Begeisterung nach außen, zu den Kunden. (vgl. Jenewein 2007)

Was macht also eine großartige Marke aus?

Die Analyse von Best Practices einiger starker Markenkulturen hat ergeben, dass das gesamte Unternehmen durch drei zentrale Wissensprozesse Markenführung lernen kann:
1. Markenwissen identifizieren, 2. Knowledge-Sharing, 3. Gemeinsame Wissengenerierung.

Jedoch entsteht dieses organisationale Lernen nicht von selbst. Das Management muss durch die Schaffung der strukturellen, kulturellen, personellen und finanziellen Voraussetzungen den Prozess aktiv initiieren um eine starke Markenkultur wachsen zu lassen. (vgl. Jenewein 2007) Obwohl Markenorientierte Unternehmensführung künftig Chefsache sein sollte, sollte es jedoch kein reiner Top-Dow-Prozess werden. Mitarbeiter sollten an der Gestaltung der Ziele und Leitbilder aktiv beteiligt werden um Identifikation und Motivation zu schaffen. (vgl. Knewitz 2002)

„Leadership Branding“ ist laut Grubendorfer ein von der Leadership Equity Association entwickeltes Konzept um ein zur Marke passendes Verhalten zu etablieren. Dabei werden das Markenversprechen und die Positionierung des Unternehmens klar und verständlich formuliert und unternehmensweit abgestimmt. Wenn ein gemeinsames Markenverständnis geschaffen wurde wird es auch in eine Führungshaltung übersetzt. Die Marke verändert sodann die interne Kommunikation, die Arbeitsweltgestaltung und in die Personalauswahl und -entwicklung. Als Ergebnis des „Leadership Branding“ strahlt die Marke über die Mitarbeiter nach außen.

Streif nennt drei Komponenten, welche für ein markenkonformes Mitarbeiterverhalten erfüllt sein müssen:
„Erstens: Der Mitarbeiter muss wissen und verstehen, wofür die Marke steht und wie sein Verhalten zur Markenbildung beiträgt.
Zweitens: Er muss auch ein Commitment, also eine Verpflichtung, der Marke gegenüber einnehmen.
Drittens: Er braucht die Fähigkeiten – sowohl physisch als auch psychisch – , um die Markenwerte in der Interaktion mit einem Kunden vermitteln zu können.“ (Streif 2011)

Außerdem bedeutet Markenzentrierte Unternehmensführung auch Reduktion: In drei bis vier Begriffen oder einem knappen Slogan soll alles Wesentliche enthalten sein. Um Unternehmens- und Markenwerte zu entwickeln kann folgendes Gedankenspiel hilfreich sein: Wäre das Unternehmen eine gesellschaftliche Bewegung, wofür würde sie auf die Straße gehen? (vgl. Streif 2011)

„Bewusste Wirtschaftsentscheider erkennen, dass sie ihren ökonomischen Gewinn langfristig erhöhen, wenn sie bei ihrer Arbeit auch gesellschaftliche Probleme lösen und dabei die Lebensgrundlagen der zukünftigen Generation bewahren. Sie erzielen so einen dreifachen Gewinn; einen menschlichen, einen ökologischen und einen ökonomischen Gewinn“ (Feige 2011) Um das zu erreichen „…müssen Unternehmen für Mitarbeiter wie für Kunden anziehend sein und dabei immer transparenter kommunizieren und echte Leistungen anbieten. Dies kann mit Hilfe einer markenzentrierten Unternehmensführung gelingen. Sie verdichtet ihre Werte zu einer Marke, die von innen nach außen als Werte- und Leistungsspeicher einen Dialog führt.“ (Feige 2011)

Durch Markenzentrierte Unternehmensführung kann demnach Identität geschaffen und Veränderungsprozesse initiiert werden. Aus abstrakten Unternehmenszielen werden konkrete Aufgaben für alle Mitarbeiter in allen Bereichen. Durch Markenzentrierte Unternehmensführung wird zum Beispiel die interne Kommunikation an der Marke ausgerichtet, das Kundenmanagement reorganisiert oder Produktentwicklungsprozesse von der Ideenfindung bis zum Manufacturing überarbeitet. (vgl. Knewitz 2002)

Zum Abschluss noch ein Erfolgs-Beispiel: Die deutsche Marke Loewe hat sich, nachdem sie schon todgesagt wurde, darauf konzentriert, was sie wirklich gut kann, nämlich hochwertige und ästhetische Unterhaltungselektronik zu entwickeln. Durch diese Strategie musste Loewe zunächst Geschäftseinbußen hinzunehmen. Jedoch ging die Marke gestärkt und zielbewusster hervor. Loewe wurde Finalist bei „Entrepreneur des Jahres 2002“. (vgl. Knewitz 2002)

Quellen:

Gelbrich, Katja; Wünschmann, Stefan; Müller Stefan 2008: Erfolgsfaktoren des Marketing
München: Verlag Franz Vahlen

Feige, Achim in „io management“ Heft 9/10, 2011: Wie Unternehmen dreifach profitieren, Seite 50-53

Frigge, C.; Houben, A. in Harvard Business Manager; Band 24, Heft 1, 2002: Mit der Corporate Brand zukunftsfähiger werden, Seite 28-35

Knewitz, Angela in HORIZONT (Deutschland) 50 vom 12.12.2002: Mut zur Veränderung, S. 16

Grubendorfer, Christina in acquisa, Vol. 55, Heft 09/2010: Führungskräfte als Vorbilder, S. 46-47

Jenewein, Wolfgang in io new management, Band 76, Heft 3, 2007: Was gute von grossartigen Marken unterscheidet, S. 39-42

Streif, Stephanie in acquisa, Vol. 55, Heft 02/2011: Marke braucht Leidenschaft, S. 18-23

  1. #1 von Gudrun Geist am Januar 19, 2012 - 7:17 pm

    In Artikel „Markenzentrierte Unternehmensführung“ fehlt mir persönlich der Social Media-Aspekt. Dieser ist nicht nur eine Möglichkeit, ohne jegliche Umwege das Kundenfeedback konzentriert und direkt ablesen zu können (http://www.slideshare.net/tafkap/social-media-der-einfluss-des-konsumenten-auf-die-markenfhrung), sondern bietet gänzlich neue Wege der Markenführung in einem Unternehmen. Es muss nicht immer gleich Crowdsourcing sein, aber dennoch muss sich eine Organisation darüber bewusst sein, dass Social Media ein enorm wichtiges und vor allem öffentliches Tool ist, mit dem sich Kunden untereinander austauschen können – dies kann ein Segen und ein Fluch gleichzeitig sein (http://wilhelmadt.wordpress.com/2010/10/05/markenfuhrung-und-herausforderungen-in-zeiten-von-social-media-%E2%80%93-interview-von-klaas-kramer-mit-ralph-strobel/).

  2. #2 von Christoph Kellner am Januar 20, 2012 - 12:28 pm

    Ich stimme Gudrun zu: Markenzentrierte Unternehmensführung darf die KonsumentInnen, die heutzutage dank moderner Kommunikationstechnologien und -kanäle mindestens so viel Einfluss auf die Entwicklung einer Marke haben wie das Unternehmen selbst, nicht ausschließen.

    Ein Unternehmen wird höchstwahrscheinlich eine bestimmte Vorstellung von seiner Marke haben und bemüht sein diese bei allen Stakeholdern zu etablieren, sodass die Marke hoffentlich auf eine bestimmte Art und Weise gesehen. Denn im Endeffekt sollen sich alle Stakeholdergruppen, besonders aber die KonsumentInnen als KäuferInnen von Produkten und Dienstleistungen, mit der Marke identifizieren, sie in die Welt hinaus tragen und leben.

    Ein derartiges Vorhaben ist nur in Zusammenarbeit erfolgreich und in für alle Parteien zufriedenstellender Weise zu bewerkstelligen, wofür ein direkter Kontakt und ein ständiger Austausch unumgänglich sind. Social Media erfüllt diese Anforderungen. So gesehen halte ich den Einsatz von Social Media-Aktivitäten zum gegenseitigen Austausch mit den relevanten Stakeholdern und zur Entwicklung einer Marke für entscheidend bei der erfolgreichen Realisierung einer markenzentrierten Unternehmensstrategie.

    Weitere Literatur dazu gibt’s hier:
    Hilker, Claudia: Social Media für Unternehmer. Wie man Xing, Twitter, YouTube und Co. erfolgreich im Business einsetzt (http://books.google.at/books?hl=de&lr=&id=JTnwPUp71scC&oi=fnd&pg=PA4&dq=markenaufbau+social+media&ots=yetFHTRwNS&sig=fhY59GC5T0VO4Xv6UHQDFFI9kp0&redir_esc=y#v=onepage&q=markenaufbau%20social%20media&f=false)
    Lembke, Gerald: Digital-Brand-Managment – Markenmanagement in Zeiten steigender Online-Marken (http://www.marketinginstitut.biz/media/Bernecker_Jahrbuch-Marketing-2010-2011_Bernecker_Digital-Brand-Management.pdf)

  3. #3 von Niel Widy am Januar 20, 2012 - 4:42 pm

    Ich denke das markenzentrierte Unternehmensführung eine Facette einer neuen Generation von Unternehmen darstellt, welche hoffentlich in den nächsten Jahren den Umschwung vom maximierungs Denken zu einer wertorientierten Unternehemensführung schaffen wird. Den die Menschen wollen einen Umschwung, sie wollen wieder ihr Leben mit Leidenschaft füllen.

    Leidenschaft ist genau die Komponente die heutzutage in vielen Unternehmen zu wenig gefördert wird. Marken brauchen Leidenschaft um ihre Stärke zu entfallten, wenn nicht einmal die Mitarbeiter ihr Leidenschaft in die Produkte und Dienstleistungen stecken, dann wird der Kunde dies auch nicht tun.
    Leidenschaft ist etwas das man nicht kaufen oder „erzwingen“ kann, sondern etwas das sich entwickelt wenn das richtige Umfeld und die richtige Atmosphere gegeben sind. Dafür benötigt man modern denkende Führungskräft die dazu fähig sind den Shareholdervalue vom Podest zu nehmen und vernetzer zu deneken, das bedeutet die Wertschöpfung eines Unternehmens nicht nur in seiner monetären Dimension zu betrachten sonder auch als Lebensqualität, Zukunft, Sicherheit und lernendes Konstrukt zu betrachten.

    Ein Unterenehmen kann wenn man noch weiter geht, als eine Art „kollektives Lebewesen“ Betrachtet werden, die Marke ist hierbei nach der Markenzentrierten Unternehmensführung die Persönlichkeit dieses „Lebewesens“.

    Hierzu habe ich einen sehr interessanten Artikel gefunden der dies genauer Ausführt:

    http://www.brand-consulting.com/vernetzt-denken-verborgene-zusammenhange

    Der kalifornische Physiker Fritjof Capra wurde mit seinen Werken “Das Tao der Physik” und “Wendezeit” international bekannt. Darin zeigt er den Umbruch in Wissenschaft, Gesellschaft und Wirtschaft. Jetzt hat er ein neues Buch vorgelegt: “Verborgene Zusammenhänge”. “persönlich” bringt einen Auszug aus diesem Text, auch vor dem Hintergrund, dass Capra im Dezember einen Vortrag in der Schweiz hält – siehe Kasten. Darin beschreibt Capra, wie menschliche Organisationen – zum Beispiel Unternehmen – funktionieren. Er kritisiert, dass die Vorstellung von der Welt als mechanistisches System veraltet ist und Manager umdenken sollten, denn lebende Systeme funktionieren nur, wenn sie als Netzwerke organisiert sind.

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